Ankaufsuntersuchung

erschienen in "katzen extra" 11/2004

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Feona the Fabulous, Sibirische Katze

Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch über einen fröhlichen, zufriedenen schmusigen Vierbeiner und ein wenig belastetes Portemonnaie. Oft genug brechen Krankheiten und Verletzungen trotz bester Pflege ganz ohne Vorwarnung über die Katze und ihren Menschen herein, häufig trägt der Mensch aber auch Mitschuld.

 

Viele Erkrankungen und damit viel Leid für Mensch und Katze (und Geldbeutel!) ließen sich nämlich durch sachgerechte Vorbeugemaßnahmen ermeiden. Diese erhalten nicht nur Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit Ihres Vierbeiners, sondern zahlen sich langfristig auch finanziell aus. Die Ankaufsuntersuchung, wie sie bei z. B. bei Pferden und Rindern schon lange obligatorisch ist, ist dabei die grundliegende Basis und schafft schon zu Beginn Klarheit: Ist meine zukünftige Katze gesund und charakterfest? Doch wie wird diese erste und vielleicht wichtigste Vorbeugemaßnahme durchgeführt, was kann der Tierarzt erkennen, welche Aussage kann gemacht werden?

 Tinkerbell the Fabulous, Maine Coon

Drum prüfe, wer sich ewig bindet....

Eigentlich handelt unverantwortlich, wer eine Katze ohne Ankaufsuntersuchung kauft, denn er kauft buchstäblich die Katze im Sack! Bleiben dem Käufer signifikante Störungen der Gesundheit seines zukünftigen Stubentigers verborgen, hat dies weitreichende Folgen:

 ¨ Er kann seine Katze unbewusst und unbeabsichtigt überfordern damit eine Verschlimmerung des Zustandes provozieren, z. B. bei Herzerkrankungen

 ¨er lässt sich auf ein finanzielles Abenteuer ein, dessen Ausmaß nicht im Mindesten einzuschätzen ist

 ¨er läuft Gefahr, seiner Katze die medizinische Versorgung, die tägliche Pflege oder die spezielle Haltungsform vorzuenthalten, die es zur Erhaltung von Gesundheit oder zur Genesung eigentlich benötigt.

Zwar schützt auch eine Ankaufsuntersuchen den Käufer nicht vor zukünftigen gesundheitlichen Problemen seiner Katze – kein fachkundiger Tierarzt wird sich als Wahrsager betätigen – doch lassen sich viele bereits bestehende Erkrankungen nur so genau diagnostizieren und hinsichtlich ihrer Bedeutung beurteilen.

Gepardy the Fabulous, Maine Coon

Besser ist das...

Trotzdem wird in vielen Fällen auf eine Ankaufsuntersuchung verzichtet, häufig mit wenig stichhaltigen Argumenten.

Der Käufer scheut die überflüssig erscheinenden zusätzlichen Tierarztkosten und vergiss dabei, dass die Behandlung unerkannter Krankheiten nachfolgend bedeutend höhere Kosten verursacht oder ein Zuchteinschränkung z.B. ebenfalls als finanzieller Verlust angesehen werden muss. Aufgrund des Vertrauensverhältnisses zwischen Käufer und Züchter wird eine Ankaufsuntersuchung für unnötig erachtet, weil der seriöse Züchter sicherlich sämtliche gesundheitlichen Probleme offen legen würde. Aber woher wissen Sie, dass dem Züchter sämtliche gesundheitlichen Probleme auch bekannt sind? Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Der Käufer will seine neue Katze „nur“ als Liebhabertier halten und meint aufgrund der vermeintlich geringeren Anforderungen an die Katze auch geringere Ansprüche an die Gesundheit seines zukünftigen Tieres stellen zu können – ein Trugschluss!

Vor allem bei einem preisgünstigen Tier meint der Käufer, auf eine Ankaufsuntersuchung verzichten zu können, da der Preis dafür in einem ungünstigen Verhältnis zum Kaufpreis steht.

Ein weiterer häufiger Grund für den Verzicht auf eine Ankaufsuntersuchung ist schlich Selbstüberschätzung des Käufers, er wisse am besten, ob die Katze gesund ist oder nicht – auch dies ein Trugschluss!

Natürlich ist der Verzicht auf eine Ankaufsuntersuchung legitim, denn bei Katzen ist sie nicht vorgeschrieben, wie bei anderen Tierarten. Vor allem bei Kitten wird oft darauf verzichtet, da viele der häufigsten Gesundheitsprobleme erst mit zunehmendem Alter oder durch Zuchtbelastung auftreten.

Sibirische Katze und Neva Masquarade

Auf Herz und Nieren.....

Vor einer Ankaufuntersuchung müssen zunächst organisatorische und rechtliche Fragen geklärt werden: Wer, wo, wann, was?

Wer gibt die Ankaufsuntersuchung in Auftrag und welcher Tierarzt führt die Untersuchung durch, der des Käufers oder der des Verkäufers? Ein guter Tierarzt wird sich hüten, aus persönlicher Gefälligkeit einen bestehenden Befund zu verschweigen oder bewusst falsch zu interpretieren, ausschlaggebend sollte aber immer die Fachkompetenz und das Vertrauensverhältnis zwischen dem Tierarzt und dessen Auftraggeber sein.

In der Regel entscheidet sich der Interessent vorab für eine bestimmte Katze und macht deren Kauf vom Gesundheitszustand abhängig. Der Kaufvertrag wird dann erst wirksam, wenn die Ankaufsuntersuchung keine entscheidenden Mängel aufgedeckt hat. Es erfolgt also ein Kauf unter einer Bedingung. In der Kette Kaufentscheid – Kaufvertrag – Vertragswirksamkeit fällt dem Tierarzt eine bedeutende Rolle zu. Seine Befunde und deren Interpretation sind entscheidend. Da macht es schon Sinn einen hochqualifizierten und vertrauenswürdigen Tierarzt heranzuziehen, besonders wenn es um Verträge zwischen Züchtern geht. Allein die räumliche Entfernung zwischen den Wohnorten von Käufer und Verkäufer lässt oft keine andere Lösung zu.

Auftragsgeber und damit Vertragspartner des Tierarztes ist meist der potentielle Käufer, der damit dem Tierarzt gegenüber auch Schadensersatzansprüche für den Fall erwirbt, dass die tierärztliche Sorgfaltspflicht verletzt wurde. Anders gesagt: Übersieht der Tierarzt durch schlampige Arbeitsweise einen Mangel und hätte der Käufer die Katze nicht erworden, wären ihm diese Probleme bekannt gewesen, muss der verantwortliche Tierarzt den Kaufpreis und weiter Aufwendungen ersetzen. Man muss den Tierarzt deshalb informieren, dass es um eine Ankaufsuntersuchung geht.

Was nun den Umfang der Untersuchung angeht, so hängt diese meist von der zukünftigen Lebensweise der Katze ab und wird bei Zuchttieren sicher umfangreicher sein. Kann bei einem Liebhabertier z. B. eine Einhodigkeit ohne Bedeutung sein, da das Tiere ohnehin bald kastriert wird, so ist es bei einem Zuchttier ein ausschlaggebendes Argument vom Kauf abzusehen. Es ist auch von Bedeutung, ob ein Mangel schnell behoben werden kann, wie z.B. Flohbefall, oder ob eine langwierige Behandlung, wie z. B. bei Pilzbefall, bevorsteht. Je nach Umfang der Untersuchung und eventuell zusätzlicher Diagnostik, wie z.B. ein großes Blutbild, kann so eine Ankaufsuntersuchung schnell über 100 € kosten. Im Kaufvertrag muss also festgehalten werden, ob Käufer oder Verkäufer diese Kosten tragen.

Eine Ankaufsuntersuchung stellt immer eine Momentaufnahme dar. Der augenblickliche Gesundheitszustand der Katze wird erfasst und bei Abweichungen von der Norm auch interpretiert. Letzte Sicherheit kann auch die sorgfältigste Untersuchung nicht erbringen, denn:

¨es gibt Erkankungen, die nur zeitweise auftreten, z.B. Allergien

¨manche gesundheitliche Störung ist stark von den Haltungsbedingungen abhängig. Z. B. durch zuviel Stress in einem großen Bestand beim Züchter. In Einzelhaltung tritt die Störung dann nicht mehr auf.

¨viele Erkrankungen bleiben auch bei korrekt durchgeführter Untersuchung verborgen, weil sie sich nicht in eindeutigen Symptomen äußern oder mit den üblicherweise angewandten Methoden unentdeckt bleiben

¨schließlich sind Tierärzte keine Hellseher, sie können auch bei bestehenden Problemen keine hundertprozentige Prognose stellen.

 Die Untersuchung beschränkt sich meistens auf die Organe, bei denen erfahrungsgemäß und oft auch rassebedingt die häufigsten und schwerwiegendsten Erkrankungen auftreten, sowie auf eine Beurteilung des Allgemeinzustandes.

Mittels einer Allgemeinuntersuchung verschafft der Tierarzt sich einen ersten Eindruck vom Zustand der Katze. Pflege- und Ernährungszustand werden erfasst. Haut und Haarkleid auf Auffälligkeiten untersucht, das Verhalten beurteilt, die Körperthemperatur ebenso ermittelt, wie Atem und Puls. Es werden zudem Augen und Nase betrachtet. Natürlich wird auch das Gebiss auf Auffälligkeiten untersucht, wie auch die äußeren Geschlechtsorgane. Selbst ein Blick auf das Fell um den After kann Auskunft geben, ist es verklebt – liegt vielleicht Durchfall vor? Manchmal ergeben sich während dieser Phase schon Hinweise auf bestehende Probleme, wie etwa gerötete verklebte Augen, Nasenausfluss, geschwollene Lymphknoten oder spontaner Husten.

Natürlich widmet sich der Tierarzt auch einzelnen Organen, hört die Lunge und das Herz ab. Bei Verdacht ist vielleicht auch eine Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung nötig. Auch die Bewegungsabläufe der Katze schaut er sich an, fühlt kritische Stellen z. B. Knie ab.

Somali Katze Somali Katze

Mit ruhigem Gewissen...

Findet der Tierarzt nichts, ist allen wohler zumute. Bei allen von der Norm abweichenden Befunden muss zunächst abgeklärt werden, ob weiter Untersuchungen mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden sollen, um unklare Ergebnisse abzusichern. Bei eindeutigen Problemen mit schlechter Prognose sollte die Sache für den Käufer klar sein – Mitleidskäufe gehen selten gut aus. Oft stellen sich Untersuchungsergebnisse weniger eindeutig dar, denn nicht immer lässt sich vom Befund zwangsläufig eine Prognose stellen.

Spätestens jetzt sind Sie froh, den Tierarzt Ihres Vertrauens beauftragt zu haben, denn er wird Sie sachlich beraten und mit der Entscheidung nicht völlig alleine lassen. Zahlreiche Faktoren gilt es zu berücksichtigen, will man eine fundierte Entscheidung treffen. Neben der Schwere des Befundes spielen vor allem zukünftige Haltungsbedingungen und das Alter des Tieres eine Rolle. Auch Ihre eigene finanzielle Lage bleibt nicht außen vor. Möglicherweise liegt eine chronische Erkrankung vor, die bei guter Pflege abklingen aber nie ausheilen wird. „Macht nichts,“ denken Sie, denn Sie suchen ja nur eine Schmusekatze und kein Zuchttier. Der Verkäufer geht mit dem Kaufpreis runter und die Sache könnte perfekt wein, wenn nun nicht eine langwierige medizinische Behandlung anstehen würde – das will gut überlegt sein!

Fazit:

Wer an der Ankaufsuntersuchung spart, spart am falschen Ende! Reicht die Kohle schon dafür nicht, sollte vom Kauf einer Katze bis zur Besserung der Finanzen Abstand genommen werden, denn schon der erste Schniefer sorgt sonst für Ebbe in Ihrer Kasse. Eine Ankaufsuntersuchung schafft vor allem klare Verhältnisse, besonders viel Streit zwischen Züchtern kann so vermieden werden. Und – wer kauft schon gerne die Katze im Sack?