"Es ist ja das gleiche Blut"

von Raymonde Harland

erschienen in "katzen extra" 8/98

Zu den anderen Artikeln

Oft "hängen dem Fuchs die Trauben zu hoch", das heisst, der "schlaue" Züchter spart sich die hohe Deckgebühr für den guten Kater und deckt seine Katze bei einem nicht so typvollen und deshalb billigeren Kater aus der gleichen Blutlinie - in der Meinung, der nicht so gute Kater führe ja das "gleiche Blut" wie sein berühmter Verwandter.

ArischaTiffi2.jpg (26992 Byte)

Natürlich liegen die Erbmerkmale in den Genen und nicht, wie man jahrhundertelang geglaubt hat, im Blut. Aber auch sonst wird die Rechnung mit dem billigen Verwandten kaum aufgehen.

Bei der Auswahl eines Zuchtkaters soll nicht nur der Phänotyp (die äußere Erscheinung) für den Züchter von Interesse sein, sondern auch der Genotyp (die Erbmasse) eine gleichberechtigte Rolle spielen. Das heißt, ein Zuchtkater soll dem Standard möglichst voll entsprechen, ein stabiles Immunsystem haben und einen guten Charakter. All diese Eigenschaften sollten möglichst reinerbig im Genotyp vorhanden sein, damit sie auch sicher an die Nachkommen vererbt werden.

AmandaUhura.jpg (24849 Byte)

Bei jeder Zeugung werden die Gene der Eltern neu verteilt nach dem Zufallsprinzip. Schon Geschwister können sich also im Erbgut stark unterscheiden - das eine Kind ist der Mutter und das andere Kind dem Vater ähnlicher. Nur durch die Reinzucht einer Rasse und die Linienzucht innerhalb einer Rasse werden sich die Geschwister ähnlicher, als in zufällig verpaarten Tiergruppen. Tiere aus Linienzucht sind in mehr Genen reinerbig, als Tiere, deren Stammbaum ein fortwährendes Outcrossing (Fremdlinienzucht) zeigt.

Wenn ein Züchter allerdings daraus den Schluß zieht, daß der billigere schlechtere Verwandte aus Linienzucht das "gleiche Blut" (die gleiche Erbmasse) hat, wie der berühmte Kater, so liegt er immer noch nicht richtig. Auch wenn die Genotypen dieser Verwandten aus Linienzucht sich ähnlicher sind, als bei Verwandten aus Ouktcrossing - die individuellen Unterschiede sind immer noch groß. Nur bei eineiigen Zwillingen ist das Erbgut gleich.

ArischaTiffi4.jpg (24958 Byte)

Das, was das im Phänotyp bessere Tier vom schlechteren unterscheidet, schlägt sich auch im Genotyp nieder. Aus dem gleichen Grund ist es auch ein Trugschluß zu glauben, man könnte die guten Tiere eines Wurfes verkaufen und mit den schlechteren weiterzüchten, da sie ja alle "das gleiche Blut" haben. Dies bringt einem vielleicht kurzfristig materiellen Erfolg - langfristig schneidet man sich ins eigene Fleisch und wird als Züchter bald von der Bildfläche verschwinden.

Ein unumstößlicher Grundsatz für erfolgreiche Zucht lautet darum:

Zur Zucht ist nur das Beste gerade gut genug!