Nachkommenkontrolle

von Raymonde Harland

erschienen in "katzen extra"2/97

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Hand aufs Herz, waren die Kitten vom ersten Wurf Ihrer Katze typ-und charaktervoller als die vom dritten? Sind Sie sich Ihrer Antwort sicher? Dann herzlichen Glückwunsch zu Ihrem guten Gedächtnis - oder benutzen Sie schon die Methoden der Nachkommenkontrolle?

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Nachkommen.jpg (34158 Byte) Um den Zuchtwert einer Katze oder eines Katers zu ermitteln, stellt die Nachkommenkontrolle eine dreimal so genaue Methode dar, wie die Eigenleistung des Tieres selber. (s. Grafik). Besonders gilt dies für Merkmale mit einem niedrigen Heritabilitätskoeffizienten.

Besonders in Hinblick auf polygenetische Merkmale bedeutet dies, daß die Selektion in der Zucht anhand der Nachkommenkontrolle gegenüber anderen Methoden den Selektionserfolg verbessert. Da die Nachkommen erst als ausgewachsene Tiere wirklich beurteilt werden können, erfordert diese Methode jedoch einen höheren Zeitaufwand.

Die Nachkommenkontrolle dient einmal der Relativierung von Aufwand und Erfolg, zeigt also die Zahl der typ-und charaktervollen Nachkommen gegenüber der Gesamtzahl der Nachkommen. Zum anderen kann sie sowohl zur Beurteilung einzelner Tiere, als auch zu Beurteilung von Zuchtgruppen und Linien genommen werden.

Für die Katerbewertung ist diese Methode besonders zu empfehlen, weil Katzen häufig die für eine hohe Prüfgenauigkeit erforderliche Nachkommenzahl nicht aufbringen. Bei einem positiven Ausfall der Kontrolle wird die Paarung wiederholt und die Anpaarung an Verwandte des erfolgreichen Zuchtpartners intensiviert.

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Für die Nachkommenkontrolle ist eine genaue Kenntnis des Standards erforderlich, damit nicht die Überbewertung eines Merkmales das Ergebnis verfälscht. Dies schützt auch davor Modeerscheinungen hinterher zu züchten, die mit dem Standard nichts mehr zu tun haben.

Wird die Nachkommenkontrolle vom Züchter in regelmäßigen Abständen vorgenommen, schult sie den Blick, wie sich bestimmte Merkmale in den einzelnen Lebensaltern entwickeln. Fehlentscheidungen bei Kastration, Kauf und Verkauf, werden dann zunehmend seltener.

Nachkommenkontrolle heißt Richter spielen. Entwickeln Sie einen Kontrollbogen und vergeben Sie Punkte für die einzelnen Merkmale. Dabei sollten Sie sich weitgehend an den Standard halten. Lediglich die Punkte für den Charakter müssen Sie selber festlegen und die übrige Punkteskala dahingehend korrigieren. Ein aktuelles aussagekräftiges Foto hilft Ihnen, sich später korrekt zu erinnern.

Haben Sie alle Nachkommen eines Wurfes beurteilt, vergeben Sie Ihre Siegeranwartschaften. Auch BOB, BIV usw. analog den Ausstellungsregeln können Sie vergeben. Entwickeln Sie auch dafür ein Punktesystem z.B. V1=3, CAC = 5, BIV = 7 Punkte usw. Berechnen Sie nun die, in Ihrem Punktesystem höchste erreichbare Punktzahl. Sie muß bei allen Kontrollen die selbe sein.

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Sicher werden Sie ganz schön ins Schwitzen kommen und die Arbeit der Richter jetzt mit anderen Augen sehen. Haben Sie die Möglichkeit ein zweites Urteil einzuholen? Nutzen Sie sie! Die Qualität der Nachkommenkontrolle kann dadurch nur steigen.

Haben Sie die Punktzahl für jedes Tier in einem Wurf ermittelt, zählen Sie sie zusammen und teilen sie durch die Anzahl der bewerteten Tiere. Mit der so ermittelten Durchschnittszahl lassen sich Würfe vergleichen. Legen Sie für sich eine Grenze fest, bis zu welcher Punktzahl eine Katze für Sie ein Qualitätstier darstellt. Setzen sie die Anzahl der Qualitätstiere zur Gesamtzahl ins Verhältnis, so erhalten Sie eine zweite Vergleichszahl. z.B. 2 Qualitätstiere in einem Fünfer Wurf =2:5=40%.

Ein Beispiel soll Ihnen den Nutzen dieses Verfahrens deutlich machen. Vergleichen Sie die Ergebnisse der Nachkommenkontrolle von Kater Eurochampion X, ein Modekater mit vielen Ausstellungserfolgen und Kater Y, ein Raufbold in seiner Jugend und wg. einem Schlitzohr nie ausgestellt. Kater X erreicht in seinen Würfen eine durchschnittliche Punktzahl von 81 und sein Qualitätstieranteil beträgt 35 %. Kater Y erreicht in seinen Würfen eine durchschnittliche Punktzahl von 91 und sein Qualitätstieranteil liegt bei 75 %. Ziehen Sie Kater Y in der Zucht vor, haben Sie einen Selektionserfolg, der nicht nur für Ihren Zwinger, sondern auch für die Rasse insgesamt von Vorteil ist.

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Gäbe es so etwas, wie den Siegerpreis für den besten Vererber, hätte auch Kater Y noch einen Bühnenerfolg zu verbuchen. Diese spezielle Form der Nachkommenkontrolle wird in manchen Vereinen geübt mit der Vergabe des Nachzucht- bzw. Zwingerleistungspreis. Dabei wird für eine Nachkommengruppe anhand der Ausstellungsergebnisse der Nachkommen, mit Hilfe eines Punktesystems verglichen.

Nicht zuletzt kann die Nachkommenkontrolle auch zum Zwecke des Nachweises genetischer Defekte durchgeführt werden. Mit Hilfe des Heterozygotietestes können darüber hinaus alle beliebigen mendelnden Erbanlagen in rezessiver Kombination nachgewiesen werden.

 

Tabelle

Genauigkeit der Zuchtwertprüfung in Abhängigkeit von der Größe der Nachkommengruppe und vom Heritabilitätskoeffizienten

Beispiel für einen Kontrollbogen

 

Nachkommenkontrollbogen für:

Silver Tiger the Fabulous

14 Monate alt

Farbe: black-silver-classic-tabby+white

Gewicht: 2500 g

Vater: Superstar's Uljano

Mutter: Lady Elektra Bellamy von Stresemann

Foto im Alter von 10 Wochentiger4.jpg (43577 Byte)
Besitzer:Jörg Schröder Ausstellungsergebnisse: keine  
Bewertung erreichte Punktzahl
Kopf (bis 38Punkte insgesamt)  
allgemeine Form, Form der Nase, Wangen und Schnauze, Kiefer und Gebiß, Stirn, Kinn (bis24 Punkte)  22
Form und Plazierung der Ohren (bis 9 Punkte)  9
Form und Stellung der Augen (bis 5 Punkte) 5
Körper (bis 33 Punkte insgesamt)  
Körperbau, Größe, Knochenbau, Beine, Form der Pfoten (bis 24 Punkte)  22
Form und Länge des Schwanzes (bis 9 Punkte) 8
Fell (bis 18 Punkte insgesamt)  
Qualität und Textur (bis 9 Punkte) 9
Länge (bis 9 Punkte) 9
Kondition (bis 5 Punkte insgesamt) 5
Charakter (bis 7 Punkte insgesamt)  
Menschenbezogenheit (bis 3 Punkte) 3
Verträglichkeit zu Mitkatzen (bis 2 Punkte) 2
Intelligenz (bis 2 Punkte) 2
Im Vergleich zu den Wurfgeschwistern erreicht er/sie folgende Züchterbewertung: sehr vielversprechend
Gesamtpunktzahl:

von 110 erreichbaren Punkten

96
Bemerkungen: als Deckkater für Scully vorgesehen